Kunstmuseum Singen

18.05.2025 BIS 21.09.2025
Walter Herzger und Gertraud Herzger-von Harlessem.

Die Kunst des Einfachen.


Das Ehepaar Walter Herzger (1901-1985) und Gertraud Herzger-von Harlessem (1908-1989) zählt zum inneren Kreis jener »Höri-Künstler«, die seit den 1940er-Jahren auf der Bodenseehalbinsel Höri lebten, arbeiteten und nach dem Krieg auch blieben. Während Walter Herzger ein umfangreiches Oeuvre hinterließ, in der Nachkriegszeit ausstellte und eine Professur an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe innehatte, ist das Werk von Gertraud Herzger-von Harlessem, die ihr eigenes künstlerisches Schaffen ihrem Mann und der Familie opferte, schmal und wenig bekannt. Beider Leben und Werk sind eng mit den politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts, aber auch mit Kunstzentren wie Berlin, Halle, Dresden oder Karlsruhe verbunden. 

In den letzten Jahren konnte das Kunstmuseum Singen seinen Bestand an Gemälden, Zeichnungen und Druckgraphiken des Ehepaares Herzger mehren. Es ist in erster Linie die großzügige Schenkung von Sabine Verdet-Herzger, der Tochter, welche die Sammlung um wertvolle und zentrale Arbeiten bereichert. Nach der erfolgten konservatorischen und restauratorischen Bearbeitung ist es nun möglich, erstmals in Singen einen umfassenden Einblick in die Oeuvres beider Künstler zu zeigen.


Künstlerische Ausbildung und frühe Jahre

Beide Künstler hatten ihre Ausbildung in Zentren der Avantgarde: er am Staatlichen Bauhaus in Weimar bei Paul Klee und Oskar Schlemmer; sie an der Johannes-Itten-Schule in Berlin. Kennen lernte sich das Paar 1932 in der Grafikwerkstätte an der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale. Mit dem Jahr 1933 beginnt für beide eine Zeit der Unsicherheit, verbunden mit häufigen Orts- und Wohnungswechseln in Deutschland und Italien, die sie auch an den Bodensee führte.


GERTRAUD HERZGER-VON HARLESSEM, Tochter eines Bremer Tabakkaufmanns, studierte nach dem Besuch der Johannes-Itten-Schule in Berlin an der Kunstschule Burg Giebichenstein in Halle an der Saale. Expressionistische und Bauhaus-Einflüsse verbanden sich in ihren Holzschnitten mit stark gerundeten oder kantigen Formen und farbig gedämpften, bewusst vereinfachten, mitunter surreale Elemente aufnehmenden Gemälden zu einer eigenständigen Einheit. Insbesondere trat sie früh mit experimentellen Farbholzschnitten hervor. 1933 war sie gezwungen, die »Burg« zu verlassen und hielt sich in Dresden, Bremen, am Bodensee und, zusammen mit Walter Herzger, in Italien auf. 


WALTER HERZGER, geboren in Leipzig, studierte von 1921 bis 1924 am Staatlichen Bauhaus in Weimar und arbeitete danach freischaffend als Maler und Grafiker in Dresden. Auf Vermittlung von Gerhard Marcks wurde er 1930 Meisterschüler bei Charles Crodel an der Kunstschule Burg Giebichenstein und leitete dort die grafische Werkstatt. 1933 wurde er entlassen und hielt sich bis 1939 vorwiegend in Palinuro / Italien auf. 
Herzgers künstlerische Haltung, eine Ästhetik des Einfachen, führte ihn über intensive Naturbeobachtungen hin zu reduzierten, zeichenhaft verdichteten, flächengebundenen, dabei lyrischen Landschafts- und Figurenbildern.  


Leben und Arbeiten am Bodensee

Nach dem Krieg und der Rückkehr Walter Herzgers aus der Kriegsgefangenschaft zog das Paar, das 1940 geheiratet hatte, nach Öhningen, später nach Gaienhofen. Gertraud Herzger-von Harlessem arbeitete in Steckborn (CH), um die Familie zu ernähren und ihrem Mann die künstlerische Arbeit zu ermöglichen. Erst als Walter Herzger eine Professur an der Kunstakademie Karlsruhe bekam, entspannte sich die prekäre Situation der Familie. Während Gertraud Herzger-von Harlessem künstlerisch nur noch im Verborgenen arbeitete, stellte ihr Mann aus und wurde 1955 mit dem Hans Thoma-Preis des Landes Baden-Württemberg geehrt. Nach langer Krankheit ihres Mannes begann für Gertraud Herzger-von Harlessem eine letzte, intensive Schaffensperiode, die bis zu ihrem Tod 1989 andauerte.


Die Ausstellung im Kunstmuseum Singen

Da die Frühwerke beider Künstler weitgehend verloren sind, versammelt die Ausstellung im Kunstmuseum Singen vorwiegend Gemälde, Aquarelle, Pastelle, Handzeichnungen und Druckgrafiken von den 1930er- bis in die 1970/80er-Jahre. Es werden rund 70 Arbeiten gezeigt. 

 

Walter Herzger - Lebenslauf 

Gertraud Herzger-von Harlessem - Lebenslauf

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